Planfeststellungsbeschluss Region Hannover Az. 63.01/B3-21/9-21/8 vom 22.9.2022
Planung durch Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Hannover in Vertretung BRD, aufgrund eigener Bedarfsanmeldung der Region Hannover
Die Zuständigkeit des Petitionsausschusses des Landtages ist gegeben, da die Landesplanungsbehörde angehalten werden kann, ihr Ermessen im Westabschnitt anders auszuüben. Zudem handelt es sich um eine Planung aufgrund einer eigenen Bedarfsanmeldung der Region wegen der defekten Brücken.
Die Leineaue in Hannover Ricklingen/Döhren ist ein auch nach dem Bericht des Umweltamtes der Stadt Hannover durch Seen-, Schilf- und Waldlandschaft geprägtes besonders wertvolles Landschafts-, Wasserschutz- sowie Naherholungsgebiet. Es verläuft durch das Stadtgebiet. Nach der UVP beherbergt es eine lange Liste besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten, wie Storch, Biber, Rotmilan, Weißpappel, 11 geschützte Fledermausarten und ist Brut- und Nistgebiet zahlloser Vogelarten sowie reichem Fischbestand. Die in 70 Jahren gewachsene Natur stellt landschaftlich ein besonders reizvolles Gebiet dar, dass so nah an der Innenstadt als selten und besonders schützenswert von der Bevölkerung zur Erholung genutzt wird und als sehr beliebt gilt. Ca. 1954 wurden die Schnellwege in Hannover auch durch dieses Gebiet gebaut. Die Region Hannover stellte ca. 2011 fest, dass die Brücken in dem Bereich der
2,8 km langen Baumaßnahme Leinemasch bis Döhren überlastet sind und ihre Lebensdauer erreicht haben. Die Planung erfolgte als ein Abschnitt, faktisch ist es aber in den Ost- und den Westabschnitt geteilt. Die wertvolle Leinemasch ist überwiegend im Westabschnitt. Im Ostabschnitt war die Hochstrasse über die Hildesheimerstr. der Politik lange ein Dorn im Auge und soll mit breiter Zustimmung nun durch einen Tunnel ersetzt werden. Gelder für den Tunnelbau und die Planung wurden vom Bundesverkehrsministerium in Absprache mit dem Landeswirtschafts- und Verkehrsministerium in Höhe von 361 Mio. € zugesagt. Auf der Trasse und durch die Baustelleneinrichtungen in der Natur sollen im Wege der Baumaßnahme 13 Ha Wald- und Wiesenlandschaft mit altem hoch gewachsenen Baumbestand im Westabschnitt der Baummaßnahme geopfert werden und zwar allein deshalb, weil die Verwaltung meint, dass nicht nur die Brücken erneuert werden sollen, sondern zugleich auch die ganze Trasse bei eine beinahe Verdoppelung der bisherigen Straßenbreite und ca. 1 m Erhöhung. Der Schutt aus dem Tunnelbau im Ostabschnitt soll neben und auf der Trasse verbaut werden, weshalb der gesamte Schutzwald zu roden und durch sog. Irritationsstahlwände ersetzt werden soll. Eine Verbesserung der extremen Lärmbelastung der Anwohner ist nicht geplant. Der SSW ist kilometerweit in ganz Ricklingen zu hören. Flüsterasphalt wurde nicht geplant. Anstatt den CO²-Ausstoß angemessen zu berücksichtigen, hält die Verwaltung eine Geschwindigkeitserhöhung von 80km/h auf 120km/h für richtig und wird durch die Verbreiterung möglich gemacht, trotzdem der Abschnitt in 2 beampelten Kreiseln endet, dem Landwehr und dem Ricklinger Kreisel, womit eine Verbesserung des Verkehrsflusses durch die Verbreiterung im Westabschnitt objektiv nicht möglich ist.
Kritisiert wird durch zahlreiche Initiativen, Gutachten und mittlerweile auch in der Politik, dass die Verwaltung trotz neuer Klimaschutzverpflichtungen der Bundesregierung durch das KSG, das BVerfG und das Pariser Abkommen an dieser Verbreiterung festhalten will, obwohl nach den geltenden Richtlinien für den Autobahnausbau (RAA) an Engstellen und, wie hier, in Landschaftsschutzgebieten auch eine Erneuerung der Brücken in Bestandsbreite bei entsprechender Begründung und mit Beibehaltung von 80 km/h möglich gewesen wäre. Wir fügen ein bautechnisches Gutachten im Anhang zu dieser Petition bei. Die Verwaltung führt in 4.6.10 des PFB nur 12 1/2 Zeilen zum Klimaschutzgesetz (KSG) aus und teilt mit, dass § 13 lediglich ein Berücksichtigungsgebot enthalte, aber keine verbindliche Regelung, umwelt- und klimagerecht zu bauen. Da sie dieses also nicht müssen, sähe sie auch keinen Anlass, zur klimagerechten Abänderung des PFB.
Es wurden Eilanträge und eine Klage beim OVG Lüneburg eingereicht. Die Eilanträge wurden für den Westabschnitt zurückgewiesen. Die Verwaltung hatte im Verfahren zugesichert, erst ab Ende 2022 mit Baumfällarbeiten im Westabschnitt zu beginnen, weshalb keine Eile mehr geboten war. Die Hauptsacheklage eines Umweltverbandes läuft noch. Das OVG hat jedoch im Eilverfahren durchblicken lassen, dass wohl keine schwerwiegende Verfahrens- oder Rechtsverletzung des Planungsgsamtes vorlägen, mithin keine Verletzung des Tötungsverbotes nach dem BNAtSchG und kein Natura 2000-Gebiet gegeben ist, welches die einzigen gesetzlich zwingenden und gerichtlich überprüfbaren Maßstäbe gegen ein PFB sind. Verbindliche Klimagesetze gibt es derzeit in Deutschland nicht. Es handelt sich nur um "Kann"-Bestimmungen.
Da die Verwaltung im Rahmen ihres im PFV sehr weiten Verwaltungsermessens aber auch deutlich umweltfreundlicher hätte planen "können" und Verwaltungsakte jederzeit nach dem VerwVfG auch teilweise zurückgenommen oder abgeändert werden können, richten wir uns mit dieser Petition an die Politik, da es im öffentlichen Interesse liegt, alle möglichen Mittel auszuschöpfen, um die CO²-Bilanz nicht zu verschlechtern, wenn dies nicht zwingend erforderlich ist. Für die Erneuerung der Brücken ist die Zerstörung des Waldes auf der Trasse nicht erforderlich, denn die Trasse ist bautechnisch nicht marode und die Bäume wachsen nicht auf den Brücken. Auch können die Brücken mehr von der Straße aus erneuert werden und zusätzlich Zerstörung durch Baustellenflächen im Landschaftschutzgebiet eingeschränkt werden.
Allein die Begründung mit der höheren Verkehrssicherheit durch die breitere Trasse ist fragwürdig, wenn die Geschwindigkeiten vor beampelten Kreiseln von 80 auf 120 km/h erhöht wird, wodurch die Unfallgefahr massiv zunimmt. Zudem hat auch der Tunnel aus Kostengründen keine Seitenstreifen und es könnten im Bestand Nothaltebuchten und geringfüge Verbeiterung der Straße durchgeführt werden, so dass auch die Rettungsgasse besser gebildet werden kann. Die Begründung, dass Hannover einen 360° Autobahnring brauche, ist in der Sache ohnehin nicht durchführbar, da am Süd- und Westschnellweg 3 beampelte Kreisel sind, die einer Autobahn widersprechen und im engsten Wohngebiet Ricklingen/Linden/Limmer auch nicht verzichtbar sind. Mit der fertiggestellten A7 Verbreiterung wird sich das Problem entspannen.
All dies prüft ein Gericht nicht, da dies dem Ermessensspielraum der Verwaltung im PFV unterliegt. Nur die Politik kann der Ausführenden Gewalt hier noch Einhalt gebieten und bitten, im Westabschnitt klimagerecht umzuplanen.
Kritisiert wird auch, dass die Bevölkerung und auch Presse und Politik zwar über die Maßnahme aufgeklärt wurden soweit dies im ersten Coronamonat 2020 überhaupt möglich war, jedoch fehlten hervorgehobene Information über den massiven Natureingriff in der Leineaue, weshalb weite Teile der beteiligten Kreise, insbesondere örtliche Politik und auch die Presse HAZ, den Natureingriff erst 1 Jahr später durch die anhaltenden Proteste und Aufklärungen/Akteneinsichten mitbekommen haben. So hat der Bezirksrat Ricklingen nach verbesserter Information im Febr. 22 (siehe Anlage) deutlich gegen die Verbreiterung gestimmt. Auch der Oberbürgermeister der Stadt Hannover hatte sich an den Bundesverkehrsminister gewandt und gebeten, nicht in Autobahnbreite an dieser Stelle zu bauen. Jetzt hat in der Vorplanungsphase der Verbreiterung des Westschnellweges der Bezirksrat Linden/Limmer sich nun deutlich gegen die Verbreiterung des Westschnellweges ausgesprochen. Hier prüft die Verwaltung die Erneuerung im Bestand, was wiederum deutlich macht, dass es am Südschnellweg auch möglich gewesen wären. Da die Natur am Südschnellweg ungleich höher einzustufen ist, ist die Entscheidung der Verwaltung am Westabschnitt des Südschnellweges doppelt bitter für Klima , Natur und Bevölkerung. Damit plant die Verwaltung derzeit gegen die regierende örtliche Politik der Betroffenen dieser Maßnahme und den mehrheitlichen Willen des Volkes. Ohne die massive Verbreiterung und Erhöhung der Trasse würden mind. 100 Mio. € eingespart werden können, was auch erforderlich ist, denn die derzeitigen Ausschreibungen haben gezeigt, dass die Maßnahme wohl eher das Doppelte kosten wird.
Der Landtag Niedersachsen wird angesichts der Verpflichtung zur Verbesserung der CO²-Bilanz und aus Naturschutzgründen gebeten, hier noch einzulenken und in einem Beschluss die Planungsverwaltung zu bitten, im Westabschnitt nach der Ausnahmeregelung der RAA die Trasse im Bestand zu belassen, ggf. mit Nothaltebuchten und nur im Bestand für die Rettungsgasse die Straße geringfügig, 60 cm auf jeder Seite. zu verbreitern. Es soll geprüft werden, ob der Schutt aus dem Tunnelbau woanders untergebracht werden kann. Die Geschwindigkeit sollte bei 80 km/h verbleiben.
Es soll auch nach Haushaltsrecht geprüft werden, ob die Mittel richtig verwenden werden sollen, denn es ist kein Neubau im Westabschnitt, sondern nur eine Ertüchtigung.
Die Baumaßnahme im Westabschnitt wie geplant auszuführen halten wir danach für klimaschädlich, unvernünftig und nicht mehr zeitgemäß. Das BVerfG hat Maßnahmen zur CO²-Senkung von der Politik verlangt. Die erbetene Abänderung wäre eine vernünftige Maßnahme.
Das Anliegen hat innerhalb der sechswöchigen Mitzeichnungsfrist die nach der Geschäftsordnung des Landtages vorgesehene Mindestzahl von 5 000 Mitzeichnungen überschritten. Daher ist der Einsender mündlich anzuhören.
Die mündliche Anhörung durch den Petitionsausschuss hat in öffentlicher Sitzung am Mittwoch, den 01. Febrauar 2023 stattgefunden. Die weitere Beratung im Petitionsausschuss sowie die anschließende Beschlussfassung durch den Niedersächsischen Landtag erfolgen in öffentlicher Sitzung.
Das abschließende Beratungsergebnis veröffentlicht der Landtag zu gegebener Zeit auf seiner Internetseite.