Wir erwarten einen deutlichen Ausbau der Finanzierung der Studentenwerke und die Abschaffung des Verwaltungskostenbeitrags in seiner aktuellen Form.
Im Dezember 2021 hat der niedersächsische Landtag den Doppelhaushalt 2022/2023 beschlossen. Damit ist eine Erhöhung der Zuschüsse an die Studentenwerke von 16,3 Millionen Euro auf 17,3 Millionen Euro im Jahr 2023 geplant. Dies ist nach sieben Jahren die erste Erhöhung dieses Haushaltspostens [1] und sorgt dafür, dass annähernd das Zahlungsniveau der Jahre 2000 und 2001 (17,7 Millionen Euro [2]) erreicht wird. Das wäre fast als gute Entwicklung interpretieren, wenn die Studierendenzahlen in Niedersachsen in den letzten 20 Jahren nicht um mehr als 65% gestiegen [3] wären und eine entsprechende Mehrbelastung der Wohn-, Beratungs- und Betreuungskapazitäten in den Studentenwerken bedeutete. In den Ausgaben des Landes für die Studentenwerke spiegelt sich dieser Anstieg nicht wider. Im Vergleich dazu sind die Beiträge, die jedes Semester von den Studierenden gezahlt werden müssen, in den letzten Jahren unverhältnismäßig gestiegen. So hat sich beispielsweise der Beitrag für das Studentenwerk an der Technischen Universität Braunschweig von 31 Euro im Jahr 2001 auf 104 Euro im Jahr 2020 mehr als verdreifacht [4, 5].
Die niedersächsischen Studentenwerke erhöhen regelmäßig die Semesterbeiträge, um ihr Angebot halten zu können. So haben die Studentenwerke OstNiedersachsen [5], Osnabrück [6] und Göttingen [7] vorrausschauend eine jährliche Erhöhung zwischen 2% und 5% in ihren Beitragssatzungen festgelegt, welche allein durch die jährliche Inflation gerechtfertigt ist. Eine regelmäßige, gesetzliche Erhöhung der Zuschüsse durch das Land ist aktuell nicht vorgesehen, mehr noch stagnierten die Zuschüsse aus Landesmitteln in den Jahren 2014 bis 2021 [1]. Daher forderten die Studierenden sowie die Studentenwerke Niedersachsens bereits 2019 eine einmalige Erhöhung der Mittel um 25% sowie eine langfristige jährliche Steigerung um 3% [8]. Die nun geplante einmalige Erhöhung um 6% ist bei Weitem nicht ausreichend.
Die Förderung der Studentenwerke ist nicht nur eine Investition in die Unterstützung der Bildung junger Erwachsener. Die Studentenwerke sind sich der Aufgabe nachhaltig und sozial zu handeln bewusst. Je mehr jedoch der finanzielle Druck auf den Studentenwerken lastet, desto mehr müssen sie die Wirtschaftlichkeit gewichten - so fallen Umweltfreundlichkeit und gesellschaftlich wertvolles Handeln in den Hintergrund.
Aktuell wird der Mehrbedarf der Studentenwerke in Niedersachsen hauptsächlich durch die Studierenden selbst getragen. Das geschieht sowohl durch Beiträge, als auch steigende Mieten in den Wohnheimen und höhere Essenspreise in den Mensen. Also wird die Solidarität vor allem durch die Studierenden untereinander gelebt, obwohl die gesamte Interessensgemeinschaft durch die Gesellschaft (und damit durch das Land Niedersachsen) unterstützt werden sollte. Im Niedersächsischen Hochschulgesetz werden den Studentenwerken Aufgaben zugewiesen [9], gleichzeitig werden ihnen nicht ausreichende Mittel zur Erfüllung dieser übertragen.
Neben der Last des Beitrags zum Studentenwerk müssen Studierende jedes Semester einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 75 Euro an das Land Niedersachsen leisten [10]. Nach der Abschaffung der Studiengebühren haben sich die meisten Bundesländer vollkommen gegen die Erhebung von Beiträgen von Studierenden an das Land entschlossen - Niedersachsen gehört nicht dazu. Obwohl der Verwaltungskostenbeitrag, den die Studierenden semesterweise leisten, weniger als 1,5% der Kostendeckung der Hochschulen ausmacht [11] und dafür die einzelnen Studierenden finanziell belastet werden, scheint die niedersächsische Regierung von dieser Entscheidung nicht abzuweichen. Ebenso lässt es die Gesetzeslage in Niedersachsen nicht zu, dass Hochschulen den Verwaltungskostenbeitrag selbst festlegen und anpassen dürfen. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, ist dies möglich und wird dabei direkt an in Anspruch genommene Leistungen geknüpft [12].
Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, den Verwaltungskostenbeitrag zu realisieren und gleichzeitig alle Bevölkerungsschichten zu berücksichtigen. In seiner aktuellen Form steht der Verwaltungskostenbeitrag einer inklusiven Politik entgegen.
Im Gesamtbild zeichnet sich ab, dass das Land Niedersachsen studierendenunfreundlich handelt, besonders im nationalen Vergleich. Wenn das Land Niedersachsen viele hochqualifizierte Absolventen und Absolventinnen hervorbringen möchte, muss es investieren. Denn aktuell hat Niedersachsen einen Standortnachteil gegenüber anderen Bundesländern.
[1] Haushaltsplan Land Niedersachsen 2016, Haushaltsplan Land Niedersachsen 2017/2018, Haushaltsplan Land Niedersachsen 2021
[2] Haushaltsplan Land Niedersachsen 2002/2003
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/281782/umfrage/studierende-anhochschulen-in-niedersachsen/
[4] Beitragsordnung des Studentenwerks Braunschweig vom 12.12.2001
[5] Studentenwerksbeitragssatzung StW-ON vom 9.12.2019
[6] 3. Änderung der Beitragssatzung StW Osnabrück vom 29.01.2018
[7] Studentenwerksbeitragsordnung Göttingen vom 24.06.2019
[8] Land Niedersachsen lässt Studentenwerke im Stich, Pressemitteilung Studentenwerk Hannover, 29.10.2019
[9] § 68 NHG in der Fassung vom 15.12.2015
[10] § 11 NHG in der Fassung vom 15.12.2015
[11] Haushaltsplan Land Niedersachsen 2021
[12] § 41 HSG Schleswig-Holstein in der Fassung vom 05.02.2016
Das Anliegen hat innerhalb der sechswöchigen Mitzeichnungsfrist die nach der Geschäftsordnung des Landtages vorgesehene Mindestzahl von 5.000 Mitzeichnungen überschritten. Daher ist die Einsenderin mündlich anzuhören.
Die mündliche Anhörung durch den Petitionsausschuss findet in öffentlicher Sitzung
am Mittwoch, dem 31. August 2022, 13:00 Uhr
im Forum des Landtages, Leinstraße 30, 30159 Hannover statt.
Interessierte, die der Anhörung beiwohnen möchten, melden sich bitte unter der E-Mail-Adresse OeffentlichePetition.Besuch@lt.niedersachsen.de an. Dabei sind der vollständige Name, die Anschrift sowie eine Telefonnummer anzugeben.
Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten stehen nur begrenzt Plätze zur Verfügung. Interessierte erhalten eine Rückmeldung per E-Mail, sofern die maximale Anzahl an Zuhörerinnen und Zuhörern bereits überschritten ist.
Der Zugang zum Forum des Landtages erfolgt über den Eingang "Am Markte".
Der Einlass beginnt 30 Minuten vor Anhörungsbeginn.
Die weitere Beratung der Petition im Petitionsausschuss erfolgt dann in nicht öffentlicher Sitzung, die anschließende Beschlussfassung durch den Niedersächsischen Landtag in öffentlicher Sitzung.
Das abschließende Beratungsergebnis der Öffentlichen Petitionen veröffentlicht der Landtag zu gegebener Zeit auf seiner Internetseite.