HOCHSCHALTEN - Dialog statt Verbot
Im Jahr 2024 sollen gemäß Beschluss des Landkreis Holzminden vom 26.06.2023 im Rahmen eines Pilotprojektes des niedersächsischen Umweltministeriums Maßnahmen gegen den Motorradverkehr im Landkreis Holzminden an verschiedenen Orten umgesetzt werden. Die Vorschläge stammen von der Deutschen Umwelthilfe e. V.. Diese Petition richtet sich nicht gegen das ganze Pilotprojekt, sondern gegen die Maßnahmen, die wir für unverhältnismäßig halten und deren Rechtmäßigkeit zum Teil fraglich ist. Die geplanten Maßnahmen gefährden das wirtschaftliche Überleben mehrerer Gaststätten und Hotels, ihre Umsetzung würde die Existenz der Inhaber und Mitarbeiter leichtfertig aufs Spiel setzen. Neben den Forderungen dieser Petition erneuern wir unser Angebot zur Mitwirkung an der Entwicklung von Lösungen im Sinne eines fairen Interessenausgleichs.
Die unverhältnismäßigen und rechtlich fragwürdigen Maßnahmen sind:
• Verkehrsverbote für Krafträder (Verkehrszeichen 255) an definierten Wochenenden (mindestens ein Wochenende im Monat) von Freitag bis Sonntag und an allen Feiertagen zwischen April und Oktober.
• Verkehrsverbote für Krafträder (Verkehrszeichen 255), deren eingetragenes„Standgeräusch“eine Lautstärke von 90 db(A) überschreitet (das wären 90 % aller zugelassenen Krafträder).
• Geschwindigkeitsbeschränkungen, die ausschließlich für Krafträder gelten.
Die geplanten Maßnahmen stellen eine unverhältnismäßige Einschränkung der individuellen Mobilität dar und richten sich explizit gegen einen Teil der Verkehrsteilnehmer.
Die Ausrichtung der Gastronomie und Hotellerie - speziell in dieser Region - werden nicht beachtet, massive Einschnitte für diese Branche werden billigend in Kauf genommen, was auch dem Interesse des Landes Niedersachsen entgegensteht. Mehrere überregional bekannte Motorradtreffs wie die Villa Löwenherz in Lauenförde, die Tonenburg, das Bistro & Bikertreff "Auf dem Ith" oder auch das Köterberghaus - jeweils mit vielen Tages- und Urlaubsgästen - haben eine lange Tradition und sind wichtige Magneten für den Tourismus in der Region. Die geplanten Maßnahmen gefährden grundlos Arbeitsplätze in dieser ohnehin schwierigen Zeit für die Gastronomie. Alleine die “Ankündigung“ des Pilotprojektes führt zu messbaren wirtschaftlichen Einbußen.
Wenn die Maßnahmen durchgeführt werden, dann sind die Tourismusbetriebe für ihre Hauptkunden nicht mehr erreichbar. Dies führt zu einem schweren Schaden für die spezialisierten Tourismusbetriebe der Region. Es besteht die Sorge, dass einige das Jahr 2024 mit einem deutlich reduzierten Geschäft nicht überleben werden. Bereits die Ankündigung hat zu mehreren Stornierungen von Gästen bei der Villa Löwenherz geführt, der Verlust überschreitet nachweislich bereits 10.000 Euro.
Die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen begründen wir wie folgt:
Ein Verkehrsverbot für Krafträder an Wochenenden von Freitag bis Sonntag und an allen Feiertagen in der Zeit von April bis Oktober ist unverhältnismäßig. Eine Unfallhäufung besteht an keiner der betroffenen Strecken und es wurde im Vorfeld nicht getestet, ob mildere Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen und Polizeikontrollen bereits zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen.
Ein Verkehrsverbot für Krafträder führt zu Ausweichverkehren. Die Motorradfahrenden werden die gesperrten Strecken umfahren und der Verkehr sich dadurch auf andere Strecken verlagern. Die zu fahrenden Umwege führen neben der Zunahme von Zeit und Weg für den Motorradfahrenden auch zu einem Anstieg der Emissionen. Neben den bereits genannten Punkten ist ein Fahrverbot auf Grundlage des eingetragenen Standgeräusches zusätzlich noch aus anderen Gründen nicht umsetzbar und zielführend:
• Das Standgeräusch ist ein theoretischer Wert, um den Behörden eine Möglichkeit zu geben, festzustellen, ob eine Manipulation des Fahrzeuges vorliegt. Dieser Wert wird im Stand in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges gemessen. Die für die Polizei schwerer zu messenden Fahrgeräusche haben mit dem Standgeräusch nichts zu tun und liegen in aller Regel deutlich darunter.
• Für die Einführung eines Fahrverbotes auf Basis des eingetragenen Standgeräusches und einseitig für Krafträder gibt es in Deutschland keine gesetzliche Grundlage.
• Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Unverhältnismäßigkeit einseitiger Fahrverbote für Motorräder im Verfahren zum Aktenzeichen OVG 1 S 47/22 bestätigt.
Wir wenden uns jedoch nicht gegen das ganze Pilotprojekt, sondern nur gegen die Teile, die unserer Ansicht nach problematisch sind.
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. hat ein Bündel sehr unterschiedlicher Maßnahmen für die nachfolgenden Örtlichkeiten vorgelegt:
• L580 Rühle / Golmbach
• L589 Grünenplan / Delligsen
• L497 Neuhaus / Schönhagen
• B 241 und L550 Lauenförde (Zufahrt Villa Löwenherz)
• L418 Ottenstein / Brevörde
Die geplanten Maßnahmen umfassen
• die Versetzung der Ortsschilder außerorts, um die geschlossene Ortschaft auszudehnen,
• einen Lärmtrichter, d. h. Tempo 50 ab Ortsausgangsschild für 300m
• Tempo 30 NUR FÜR KRAFTRÄDER in der Ortsdurchfahrt
• Gezielte Polizeikontrollen
• Anlagen zur Überwachung und Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen
Wir halten diese oben aufgeführten Maßnahmen - allerdings mit Ausnahme der unterschiedlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen für Pkw, Lkw und Krafträder - für zielführend und sinnvoll. Das Pilotprojekt kann also trotzdem durchgeführt werden - nur ohne die kritischen Maßnahmen. Um die Sicherheit der Motorradfahrenden nicht zu gefährden, sollen eingeführte Geschwindigkeitsbeschränkungen für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen gelten - d. h. Tempo 30 oder 50 nicht nur für Krafträder, sondern auch für PKW und LKW. Es kann sonst durch die verschiedenen Geschwindigkeiten zu gefährlichen Situationen und Unfällen kommen. Durch die fehlende Knautschzone sind Motorradfahrer hier besonders gefährdet.
Angemessene Maßnahmen, die geeignet sind, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehrslärm zu reduzieren, werden von uns ausdrücklich begrüßt. Allerdings sollten nicht alle Maßnahmen zur gleichen Zeit eingeführt werden, denn es kann später nicht ausgewertet werden, welche Maßnahme welche Wirkungen entfaltet hat bzw. ob eine bestimmte Maßnahme überhaupt Wirkungen entfaltet hat.
Unsere Forderung an den Landtag Niedersachsen
Für die Anordnung der Verkehrsverbote ist unseres Erachtens die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Hameln zuständig. Diese untersteht dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung. Um auf dieses einzuwirken haben wir die vorliegende Petition erarbeitet. Der Landtag Niedersachsen wird daher aufgefordert, durch einen entsprechenden Beschluss auf die Landesregierung, die beteiligten Ministerien und die ausführenden Behörden wie folgt einzuwirken:
Die zuständigen Stellen (Ministerien, Verkehrsbehörden etc.) werden angewiesen, bei der Umsetzung des Pilotprojektes gegen Motorradlärm im Landkreis Holzminden folgendes zu berücksichtigen:
• Wie in der Nebenbestimmung des Zuwendungsbescheides zum Projekt ausgeführt, sind alle Interessengruppen, auch die Motorradfahrer, in das Projekt einzubinden. Dies kann durch Nutzung elektronischer Hilfsmittel geschehen.
• Die Maßnahmen mit der geringsten Eingriffsintensität sollen zuerst durchgeführt und ausgewertet werden.
• Um die Sicherheit der Motorradfahrenden nicht zu gefährden, sollen eingeführte Geschwindigkeitsbeschränkungen für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen gelten - d. h. Tempo 30 oder 50 nicht nur für Krafträder, sondern auch für Pkw und Lkw.
• Im Rahmen des Pilotprojektes dürfen Verkehrsverbote, die sich ausschließlich an Motorradfahrende richten, erst dann angeordnet werden, wenn alle milderen Maßnahmen durchgeführt und ausgewertet wurden und sich kein Erfolg eingestellt hat (Verhältnismäßigkeit).
• Die Rechtmäßigkeit von Verkehrsverboten im Rahmen des Pilotprojektes ist vor der Einführung zu prüfen und sicherzustellen.
Der Landtag wird aufgefordert, diesen Beschluss spätestens bis zum 01.03.2024 zu fassen, damit es ab dem 01.04.2024 nicht zu den Einschränkungen kommt.
Bei Auslegungs- oder Umsetzungsproblemen soll obiger Antrag so ausgelegt und durchgeführt werden, dass Verkehrsverbote und Durchfahrtsbeschränkungen für Krafträder - soweit wie rechtlich möglich und zulässig - VERMIEDEN werden.
Auch Motorradfahrer sind wichtig für die Region! „Ob für eine längere Reise oder einen Kurztrip: Im Weserbergland können große und kleine Besucher immer wieder Neues entdecken. Fachwerk und Weserrenaissance, Burgen und Schlösser, aber auch die eindrucksvolle Landschaft mit den sanften Hügeln und der ruhig dahinfließenden Weser zeichnen die Mittelgebirgsregion aus.“ Mit diesen Worten bewirbt Weserbergland-Tourismus e. V. die Region auf seiner Internetseite. Der Tourist wird eingeladen, hier aktiv seine Freizeit zu verbringen, ob im Urlaub oder als Tagesausflug. Motorradtouristen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Weserbergland.
Wir Motorradfahrer sind gern zum Gespräch bereit. Einige Anwohner fühlen sich jedoch auch durch „Motorradlärm“ gestört und haben sich in Bürgerinitiativen hiergegen organisiert. Leider hat sich der Ton der Stimmen gegen die Motorradfahrer über die Jahre immer weiter verschärft, so dass sich ein Dialog mit den Lärmaktivisten schwierig gestaltet. Die Bedeutung des Motorradtourismus wird geleugnet, die Motorradfahrer gar verbal diskriminiert und kriminalisiert, es kommt zu Hassrede gegen Motorradfahrer im Internet.
Um dieser Situation zu begegnen hat das Umweltministerium des Landes Niedersachsen ein Projekt gegen Motorradlärm finanziert. Eine ausdrückliche Nebenbestimmung des Zuwendungsbescheides ist, dass die Interessen aller Betroffenen - auch von Motorradfahrenden - berücksichtigt werden. Dies ist leider nicht der Fall. Interessenvertreter der Motorradfahrer wurden bisher in keiner Weise in das Projekt eingebunden. Ganz im Gegenteil: Das Thema wurde verheimlicht und die betroffenen Gastronomen und Motorradverbände haben nur zufällig durch einen Hinweisgeber davon erfahren, obwohl die Ansprechpartner bekannt sind. Ganz offensichtlich sollten hier vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Mit dieser Petition streben wir die Rückkehr, zu einem zielführenden Dialog und einen Ausgleich der berechtigten Interessen aller Beteiligten an. Als Interessenvertreter der Motorradcommunity in Deutschland sind wir bereit, gemeinsam mit Anwohnern, Politik, Gastronomen, Hoteliers und Händlern etwas zu bewegen und unseren Beitrag zu einem fairen Interessenausgleich zu leisten. Um aber schwere Nachteile für die Gastronomie und Hotellerie in der Region abzuwenden fordern wir den Landtag zur Fassung des oben formulierten Beschlusses auf.